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"Dieser Dunk hat die Zeit angehalten" – Carsten Schröter-Lorenz und der Olymp der Sportjournalisten in Paris 2024

Die Olympischen Spiele sind ein globales Ereignis, das Sportler, Fans und Journalist:innen gleichermaßen fasziniert. Doch wie ist es, als Reporter mittendrin zu sein? Carsten Schröter-Lorenz, seit 2012 beim kicker und seit 2015 Redakteur, gewährt einen emotionalen und tiefgründigen Einblick in seine Arbeit bei den Spielen in Paris. Highlights, Herausforderungen und Helden – Carsten verrät, warum die Spiele nicht nur für ihn persönlich etwas ganz Besonderes waren.

Olympia ist, mal pathetisch ausgedrückt,

auch für Sportjournalisten der Olymp.

Carsten über die Bedeutung der Olympischen Spiele für ihn als Sportjournalisten
kicker
Carsten berichtete im Video über die Ereignisse vor Ort kicker
Carsten berichtete im Video über die Ereignisse vor Ort kicker
Carsten berichtete im Video über die Ereignisse vor Ort kicker
Carsten berichtete im Video über die Ereignisse vor Ort kicker
Carsten berichtete im Video über die Ereignisse vor Ort kicker
Carsten berichtete im Video über die Ereignisse vor Ort kicker
Carsten berichtete im Video über die Ereignisse vor Ort kicker

Was ging dir durch den Kopf, als klar wurde, dass du für den kicker die Olympischen Spiele in Paris begleiten würdest?

Ich habe mich riesig gefreut und wusste direkt, das wird das Highlight meines bisherigen Berufslebens als Sportjournalist. Es war sehr cool, dass ich eine zweite Chance in Sachen Olympia bekommen habe. Ursprünglich sollte ich schon 2020 als kicker-Reporter nach Tokio reisen, aber wegen der coronabedingten Verschiebung auf 2021 und aller weiteren Einschränkungen wegen der Pandemie ist niemand von uns nach Japan gereist. Für das Paris-Ticket bin ich der Chefredaktion sehr dankbar und habe das direkt als großes Privileg begriffen. Ich mag Fußball sehr, aber mein Herz schlägt auch für viele andere Sportarten, wie insbesondere Basketball und Beachvolleyball. Olympia ist, mal pathetisch ausgedrückt, auch für Sportjournalisten der Olymp. 

Dieser Dunk hat die Zeit angehalten.

Carsten über Franz Wagners spektakuläre Aktion im Basketball-Gruppenspiel gegen Frankreich.

Was war dein sportliches Highlight der Spiele?

Es gab so viele spezielle Momente. Aber der eine Dunk von Franz Wagner im Basketball-Gruppenspiel gegen vier Gegenspieler von Gastgeber Frankreich war unglaublich. Im vollgepackten Stadion in Lille mit 27.000 frenetischen französischen Fans, die mir beim Schmettern der Marseillaise vor dem Spiel eine fette Gänsehaut beschert hatten, hat Wagner mit seiner spektakulären Aktion kurz die Zeit angehalten und für Ruhe gesorgt. Das war der erste und bisher einzige Moment, wo es mich in dienstlicher Funktion von meinem Sitz auf der Pressetribüne gerissen hat.

Wie meinst du das?

Na ja, ich bin eben spontan kurz aufgesprungen, weil mich die Aktion einfach so elektrisiert hat. Ich habe mir dieses eine Mal erlaubt – auch wegen meiner persönlichen Verbindung als Basketballer zu dieser besonderen Weltmeistermannschaft von 2023, in der ich Teile des Teams und des Trainerstabs teilweise schon aus der Zeit vor meinem Start beim kicker gut kenne. Man muss dazusagen, dass deutsche Journalisten selbst bei Nationenwettkämpfen inkl. Fußball-Länderspielen das Neutralitätsgebot auf den Medientribünen grundsätzlich mit am nüchternsten einhalten, mich eingeschlossen (schmunzelt). Dagegen gehen gerade südeuropäische oder lateinamerikanische Kollegen regelmäßig aus dem Sattel, oder fast permanent, wie einige Radio- oder TV-Reporter. Aber dieser Statement-Dunk von Wagner hat im Nachhinein auch was Tragisches.

Basketball ist Carstens zweite Leidenschaft – er berichtete so u.a. über das DBB-Team privat
Sein Olympia-Einsatz führte ihn auch an die Regattastrecke privat

Weil es am Ende nichts mit der angepeilten Medaille wurde?

Genau. Deutschland wurde durch diesen souveränen Sieg zwar Gruppensieger vor Frankreich, traf ja aber im Halbfinale wieder auf die Gastgeber. Die waren deutlich besser auf das deutsche Team eingestellt und traten viel emotionaler und zupackender auf in Paris, waren aber trotzdem schlagbar, gerade für dieses DBB-Ensemble in Normalform. Nur war leider so gut wie jeder deutsche Spieler, angefangen bei den Leadern Dennis Schröder und Franz Wagner, davon ein gutes Stück entfernt. Das Spiel ging knapp an die Franzosen – weil das deutsche Team sein schlechtesten Spiel seit dem Amtsantritt von Erfolgscoach Gordon Herbert im Herbst 2021 gezeigt hat. Ausgerechnet im Olympia-Halbfinale, die sichere Silbermedaille und das Traumfinale gegen die USA waren futsch. Das war für mich persönlich dann auch der sportlich bitterste Olympia-Moment. Hätten sich Schröder und Wagner ihre Gala doch lieber fürs Halbfinale aufgehoben, so naiv wünscht man es sich auch im Nachhinein (schmunzelt). Aber so hart kann der Sport eben manchmal sein. Gegen starke Serben war im Spiel um Platz drei dann die Luft raus, die Jungs haben also nach EM-Bronze 2022 und WM-Gold ihre dritte Medaille beim dritten großen Turnier verpasst.

Was hat dich abseits deiner Herzenssportart Basketball sportlich am meisten beeindruckt?

Simone Biles mal live turnen zu sehen, war schon sehr besonders. Ich habe ihre spektakuläre Gold-Show beim Mehrkampffinale sehen dürfen, schon verrückt, was sie und die anderen Topturnerinnen da leisten. Biles war der Shootingstar von Rio 2016, vor den Spielen in Tokio hatte sie eine lange Wettkampfpause wegen mentaler Probleme, holte dort dann ‚nur‘ einmal Silber und Bronze und brach Wettkämpfe ab, um jetzt mit für Turnerinnen nicht mehr jungen 27 Jahren Jahre wieder dreimal Gold und einmal Silber zu gewinnen – so ein Comeback ist einzigartig. Und dann war da noch das allererste Tennisspiel, da ich in meinem Leben live gesehen habe.

Welches war das?

Ich habe ganz bescheiden angefangen mit Rafael Nadal gegen Novak Djokovic (lacht). Viele Tennisfans hätten für diesen letzten Schlagabtausch dieser zwei Giganten viel Geld bezahlt, ich konnte zu diesem Zweitrundenmatch mit meiner Akkreditierung einfach hingehen. Das ist ein bisschen frech bzw. eben ein riesiges Privileg. Zum Glück habe ich während des Damen-Spiels davor schon meinen Platz auf der Pressetribüne ergattert, danach gab es hinter mir ein Hauen und Stechen, so dass der Schiedsrichter sogar zweimal ein „Silence please“ an die Medientribüne richtete. Das Spiel selbst war ein großes Gänsehaut-Erlebnis, auch wenn man wie ich bis dato kaum etwas mit Tennis am Hut hatte. Für meinen bisher ebenfalls einzigen Tennis-Text, bei dem ich mangels Fachkenntnis auf eine emotionale Betrachtung dieses Duells gesetzt habe, bekam ich ein sehr schönes Kompliment von einem echten Tennis-Fan per Lesermail. Das war ein sehr unerwartetes, kleines persönliches Highlight.

Welche persönlichen Erfahrungen oder Anekdoten sind dir besonders in Erinnerung geblieben?

Gleich der erste Abend hat den Vogel abgeschossen. Für die spektakuläre Eröffnungsfeier gab es personalisierte High-Demand-Akkreditierungen. Ich habe mich für die Tribünen am Trocadero-Palast entschieden, dem Endpunkt der Parade. Mit einem österreichischen und zwei deutschen Kollegen haben wir im strömenden Regen an verschiedenen Stellen nach dem Aufgang zur Pressetribüne gefragt, aber irgendwie konnte uns keiner der freundlichen Volunteers helfen. Also haben wir selbst gesucht, waren dann irgendwann hinter der VIP-Tribüne und hatten unsere Plätze immer noch nicht gefunden. Wegen des immer noch starken Regens hatte ich dann die spontane Idee: 'Kommt, jetzt gehen wir halt in den Palast rein, wir werden da sicher eh gleich abgewiesen'. Oder auch nicht – denn es hat uns an der Stelle niemand richtig kontrolliert. Am Ende saßen wir über Stunden im First-Class-VIP-Saal mit Serena Williams, Lindsey Vonn, Pau Gasol, Fürst Albert und Co., haben in einer Ecke bei Häppchen die Eröffnungsfeier auf den Bildschirmen verfolgt und dabei gearbeitet – obwohl wir allein schon durch unsere Kleidung und Rucksäcke aufgefallen sind. Irgendwann kam Gianni Infantino mit seiner Familie die Treppe hoch und ist in einen anderen Raum abgebogen. Aber keiner hat uns rausgeworfen und uns auch nicht von kurzen Interviews mit den Sport-Promis abgehalten.

Gardemaß hoch 2: Carsten (1,92 m) traf Basketball-Legende Pau Gasol, der ihn um ganze 23 cm überragtprivat

Wen hast du gesprochen?

Die spanische Basketball-Legende Gasol natürlich (grinst). Für den österreichischen Kollegen war Skistar Vonn thematisch wichtiger, die beiden anderen Kollegen sind nur bei Williams abgewimmelt worden. Später haben wir gesehen, warum. Sie hatte ja noch bei der Eröffnungsfeier einen Überraschungsauftritt, als sie die Olympische Fackel mit Rafael Nadal, Carl Lewis und Nadia Comaneci auf einem Boot über die Seine transportiert hat. Das war schon surreal, dass wir dort so lange ungestört sein konnten und fürs Finale dann freiwillig raus in den Regen gegangen sind. Bei allem Spaß, den wir hatten, haben wir nebenbei ja aber auch eine kleine Sicherheitslücke aufgedeckt. Deshalb bin ich in der Berichterstattung mit der Story erst defensiv umgegangen, wegen der Sorge als Olympia-Neuling wegen des frechen „Einbruchs“ in die VIP-Zone vielleicht im Nachhinein Probleme mit meiner Akkreditierung zu bekommen. Florian Gröger, der nette Kollege vom österreichischen Boulevardblatt „Kronen Zeitung“, den ich kennengelernt habe, als wir wegen VIP-Auto-Kolonnen eine Zeit lang auf Einlass zum Trocadero-Gelände gewartet haben, musste dieses Boulevard-Sahnestück aber natürlich direkt liefern. Besonders der Einstieg in seinen Text ist echt witzig: "Gehen in Paris drei Deutsche und ein Österreicher durch die falsche Türe..."

Eine Story zu Carstens Ausflug in den VIP-Bereich erschien bei der Kronen Zeitung (Plus-Artikel)Screenshot Kronenzeitung.at

Hier geht es zum Plus-Artikel "OLYMPIA HAUTNAH - Mein heimliches Rendezvous mit Lindsey und Serena" vom Kollegen der österreichischen Kronen Zeitung Florian Gröger. 

Okay, dieser Start war sicher schwer zu toppen, welche anderen Begegnungen sind dir vor allem Im Kopf geblieben?

Die Gespräche mit Fans rund um den Biles-Turnwettkampf zum Beispiel, als ich auch rausfinden wollte, wie viel Geld manche Besucher für ihre Tickets hinblättern mussten. Neben einer vierköpfigen kanadischen Familie, die so viel zahlten wie für die Hochzeit der Eltern vor 30 Jahren, haben zwei US-amerikanische Frauen Mitte 30 trotz guter Jobs zwei Jahre für ihren Paris-Trip gespart. Vor allem, um Biles zu sehen. Sie sehen sie als großes Vorbild an, weil sie neben dem offenen Umgang mit mentalen Problemen mit dem US-Frauen-Turnteam für die in den USA charakteristische, aber leider ja auch von Teilen der Menschen dort abgelehnte Diversität stehe. Dazu hat Biles auch den Missbrauchsskandal im US-Turnen mit aufgedeckt. Die Faszination für diesen Superstar des Sports war danach auch für mich viel greifbarer. Ein Leichtathletik-Abend im Stade de France ging auch unter die Haut.

Inwiefern?

Neben der gigantischen Show rund um das 100-Meter-Finale der Männer – noch so ein besonderes Highlight – haben an diesem Abend zwei ukrainische Hochspringerinnen Gold und Bronze sowie ein ukrainischer Hammerwerfer Bronze gewonnen. Mykhaylo Kokhan sprach danach mit der Medaille um den Hals in der Mixed Zone darüber, wie wichtig solche Erfolge sind, um die Welt an den russischen Angriffskrieg in der Ukraine zu erinnern und gleichzeitig den Menschen in der Heimat zumindest eine kurze erfreuliche Ablenkung zu ermöglichen. Das war sehr bewegend. Im Vergleich mit einem brutalen Krieg erschien der Sport plötzlich völlig unwichtig und der Zirkus, den Sprintkönig Noah Lyles in diesem Moment ein paar Meter neben Kokhan veranstaltete, wirkte deplatziert. Und zugleich war die global beleuchtete Olympia-Bühne in gewisser Weise dann doch wichtig für die ukrainischen Athletinnen und Athleten und ihr Heimatland.

Harter Themencut. Wie hast du die Atmosphäre beim Beachvolleyball erlebt?

Die Kulisse im Stadion am Eiffelturm war einzigartig und wirklich atemberaubend, besonders abends, wenn der Turm im Hintergrund glitzerte. Dazu die beim Profi-Beachvolleyball ohnehin grundsätzlich begeisternde, dynamische Stimmung mit fetten Beats – für mich war das die spektakulärste Wettkampfstätte und die Pressetribüne mit Eiffelturm-Blick mein Lieblingsarbeitsplatz (schmunzelt). Auch, wenn das Karriereende der deutschen Beachvolleyball-Legende Laura Ludwig sportlich enttäuschend verlaufen ist, haben die Silbermedaillengewinner Ehlers/Wickler auch aus deutscher Sicht einige Highlights gesetzt.

Gab es eine Sportart, die dich besonders überrascht hat?

Die gesamte Urban Sports Area am Obelisken war beeindruckend. Wie die Frauen und Männer zum Beispiel mit ihren kleinen BMX-Rädern da durch die Luft flogen – völlig verrückt. Nebenan habe ich dann das erste Spiel der deutschen 3x3-Basketballerinnen gesehen. Dieser Überraschungssieg gegen Olympiasieger USA war schon der Hammer. Aber dass das Team später dann auch noch Gold gewonnen hat – unfassbar. Als klassischer Fünf-gegen-fünf-Hallenbasketballer habe ich 3x3 zum ersten Mal so richtig live gesehen. Das ist durch die auf fast pausenlose Intensität ausgelegten Regeln sehr packend. Die Stimmung an der Regattastrecke bei den Kanu-Wettbewerben habe ich auch als überraschend intensiv und begeisternd empfunden. Judo zum Beispiel hat mich als Laie im Vergleich dazu wenig mitgerissen.

Paris hat es geschafft, Olympia mitten ins

Herz der Stadt zu holen.

Carsten über die Integration der Wettkämpfe und Austragungsorte in die kulturellen Highlights der Stadt

Wie war die Stimmung in der Stadt während der Spiele?

Die Stimmung war – wie oft und weltweit berichtet – überwältigend. Paris hat es geschafft, Olympia mitten ins Herz der Stadt zu holen, die zahlreichen Sehenswürdigkeiten und kulturell wichtigen Orte nicht zu schonen, sondern mit einzubinden. Beachvolleyball vor dem Eiffelturm, Skateboarding, BMX, 3x3-Basketball und Breaking am Obelisken, Fechten im Grand Palais oder Reiten am Schloss Versailles – eine solche Vielzahl spektakulärer und historischer Kulissen ist kaum zu toppen. Und trotz der berechtigten Sorgen wegen möglicher Terroranschläge oder sonstiger Gefahren habe ich mich jederzeit sicher gefühlt, auch nachts in der wunderbar funktionierenden Metro. Auch hier ein großes Kompliment an die Veranstalter.

Gab es auch Lowpoints oder Kritikpunkte?

Im Großen und Ganzen waren das wirklich top organisierte und mitreißende Olympische Spiele, aber ganz ohne Schrammen ging es auch in Paris nicht. Der Triathlon und das Freiwasserschwimmen in der Seine waren ein echtes Problem. Trotz zu schlechter Wasserqualität und deshalb oft verschobener Trainings- und Wettkampftermine haben die Organisatoren ihre Pläne stur durchgeboxt. Das extrem teure Prestige-Projekt, die vormalige Kloake Seine über Jahre wieder fürs Schwimmen zu säubern war offenbar wichtiger, als professionelle Vorbereitungsmöglichkeiten und die Gesundheit der Triathletinnen und Schwimmer, von denen einige danach wegen der Koli-Bakterien mit Magen-Darm-Problemen zu kämpfen hatten. Das war eine Zumutung, genau wie die größtenteils hohen Eintrittspreise. Gerade, wenn man sich bei aller guten Stimmung mal länger mit Einheimischen unterhalten hat, war diese Schattenseite zu spüren. Viele konnten sich Tickets einfach nicht leisten, dabei haben sie durch die vielen Einschränkungen wie Sperrzonen, Geschäftsschließungen, Baustellenlärm oder Steuergeld ohnehin einen hohen Preis für Olympia gezahlt. Frecherweise wurden vom Pariser Organisationskomitee sogar die engsten Angehörigen der Teilnehmenden besonders abgezockt, wenn sie ihre Liebsten live unterstützen wollten. Für Neugeborene, deren Geburt beim lange zurückliegenden Ticketkauf oft noch gar nicht absehbar war, mussten nachträglich Extra-Tickets gekauft werden – unfassbar unverschämt. So was macht deutlich, dass bei aller Begeisterung natürlich auch hinter Olympia eine riesige geldgetriebene Vermarktungsmaschiniere steckt.

Wie sah dein typischer Tagesablauf aus?

Manche Termine hatte ich mir schon vor den Spielen markiert, wie etwa zwei von drei Gruppenspielen der Basketballer, für die ich mit dem TGV nach Lille gefahren bin.  Ansonsten habe ich nachts oder morgens mein Programm festgelegt, manchmal musste ich auch ganz spontan umdisponieren. Einige lange Tage konnte ich schönerweise im deutschen Haus ausklingen lassen. Bei gutem Essen konnte man sich mit (Ex-) Sportlern, Kolleginnen oder anderen bekannten Gesichtern aus der Sportwelt unterhalten, noch die eigene Arbeit abschließen und Wettkämpfe auf den Bildschirmen verfolgen. Auch die deutschen Medaillenpartys fanden dort statt.

3x3-Basketball fand erstmals statt – Carsten war beim Auftaktsieg der deutschen Goldfrauen dabei privat
Am Fuße des Eiffelturms – das Beachvolleyball-Feld privat
Carsten feierte eine Tennis-Premiere und sah Nadal gegen Djokovic privat

Wie lief die Zusammenarbeit mit der Zentrale in Nürnberg?

Wir hatten eine super Abstimmung, vor allem über digitale Kanäle wie Teams. Mit den Print-Kollegen und der Grafik-Abteilungen haben wir Inhalte und Gestaltung der Seiten für die Montags- und Donnerstagsausgaben besprochen. Und das Digital-Team hat jeden Tag überragende Arbeit geleistet, ein starkes Paket mit Texten zu den Wettkämpfen, Ticker, Live-Blog, Zeitplänen und Slideshow an den Start gebracht und bis in die Nacht auf dem aktuellen Stand gehalten. Das Video-Team hat oft zu später Stunde noch meine Aufsager geschnitten und auf den Sender gebracht. In den ersten Tagen habe ich immer mehr verinnerlicht, dass ich eigentlich nur abseits von Ergebnissen und ersten O-Tönen, die jeder auch vor dem Fernseher oder am Ticker mitbekommt, Mehrwert liefern kann. Mit eigenen Gesprächspartnern, Analysen, Reportagen oder Einblicken hinter die Kulissen. Das habe ich versucht umzusetzen und mich mit den Zentrale ausgetauscht, die wertvolles Feedback und guten Input geliefert hat. An dieser Stelle noch mal ein dickes Dankeschön an allen beteiligten Kolleginnen und Kollegen. Es hat großen Spaß gemacht.

Durch deine Basketball-Berichterstattung hattest du direkt auch Berührungspunkte mit unserem im Sommer neu gestarteten Portal baskteball-world-news…

Genau. Auch da lief die Zusammenarbeit super und war an Spieltagen besonders intensiv. Mit Robert Arndt von BBW und unseren basketball-affinen Kollegen von kicker digital haben wir die umfangreiche Berichterstattung über die Herren-Spiele aufgeteilt, bei denen ich in der Arena war. Das war sehr cool, auch hier noch mal ein großes Dankeschön. Meine Video-Aufsager und Analysen sowie die Kolumnen von Danilo Barthel liefen auch bei BBW und die viele BBW-Texte auch auf den digitalen kicker-Kanälen. BBW hat auch viele gute Texte über die übrigen Teams und das Frauenturnier gebracht, ab der K.o.-Runde haben Robert und ich dann auch gemeinsam eine Einzelkritik zu den deutschen Spielern geliefert. Ich behaupte mal, Basketball-Fans waren durch BBW und den kicker sehr gut versorgt während Olympia.

Welche Rolle spielten deine Tagebucheinträge während der Spiele?

Sie haben mir die Gelegenheit geboten, persönliche Eindrücke, Wertungen und ein paar buntere Themen zu schildern. Ein paar der Dinge, die ich dir in diesem Interview ausführlich schildern durfte, konnte ich da schon rüberbringen. Ein Kollege hat mich besonders ermutigt, eine noch persönlichere Perspektive einzunehmen, mehr aus dem Nähkästchen zu plaudern, um die Leser wirklich mitnehmen zu können, wie es so schön heißt. Einmal habe ich zum Beispiel einen auch mir eigentlich gut bekannten Bundesliga-Profi trotz längerer Unterhaltung nicht erkannt, bis er mir auf Nachfrage von seinem Beruf erzählt hat (lacht).

kicker
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Was nimmst du persönlich aus diesen Spielen mit?

Ganz viele unvergessliche Erinnerungen und wertvolle Erfahrungen in meinem Job. Bei Olympia hast du als Reporter oft das Gefühl, jeden Tag ungefähr 15 wichtige Wettkämpfe und Termine zu verpassen und der Sache nicht gerecht werden zu können. Das muss man lernen, so gut es geht auszublenden, um von ausgesuchten Wettkämpfen oder spontanen Begegnungen möglichst gute Geschichten erzählen zu können. Man darf nicht zu viel wollen, muss flexibel bleiben, sich oft von zunächst zu großen Plänen verabschieden und den Moment leben. Es war auch eine wunderbare Abwechslung zu unserem sehr vom Fußball dominierten Alltag. Über allem steht aber etwas anderes.

Die Kraft des Sports, Menschen zumindest vorübergehend

zu verbinden und zu inspirieren, ist schon enorm.

Carsten über die "Magie" der Olympischen Spiele.

Und zwar?

Das schöne Gefühl, dass ein solches Sportereignis auch in schwierigen Zeiten mit vielen Kriegen und Krisen auf dieser Welt zu einem friedlichen, fröhlichen und kraftvollen Fest geworden ist. Die Stimmung in Paris war ausgelassen, Menschen aus aller Welt kamen miteinander ins Gespräch und Olympia hat auch über Live-Bilder und andere Medien die Leute in ihren Bann gezogen, wie man überall gehört hat, auch im eigenen Umfeld. Als Beispiel nenne ich mal meinen ältesten Bruder, der auch in Chile am anderen Ende der Welt völlig im Olympia-Fieber war (schmunzelt). Die Kraft des Sports, Menschen zumindest vorübergehend zu verbinden und zu inspirieren, ist schon enorm. Es war für mich Privileg und Ehre, ein ganz kleines Teil dieses Erlebnisses gewesen zu sein und, dass ich die Magie von Olympia in Text, Bild und Ton transportieren durfte!

Über Carsten Schröter-Lorenz

Nach ersten journalistischen Schritten bei der "Rheinpfalz" und dem Basketball-Magazin "BIG" startete Carsten Schröter-Lorenz 2012 beim kicker als freier Mitarbeiter der Südwest-Redaktion. Schon während des zweijährigen Volontariats ab August 2013, das ihn auch für ein halbes Jahr in die Nürnberger kicker-Zentrale führte, übernahm er phasenweise die Berichterstattung über den SC Freiburg, den er auch heute noch hauptsächlich als Reporter begleitet. Zudem kümmert sich Carsten, zwischen 2016 und 2024 auch für das U-21-Nationalteam zuständig, um Schiedsrichter- und Regelthemen und hat den anderen Sport im Blick, vor allem seine Herzenssportart Basketball. 

Tommy Dobs ist seit über zehn Jahren im Bereich Content Marketing, PR und Blogging aktiv. Für unseren Blog schaut er hinter die Kulissen unserer Sportmedien-Angebote, beleuchtet unsere Projekte und spricht mit den Menschen über ihre Motivation. Eine besondere Leidenschaft ist für ihn Data Storytelling. So bringt er Daten und Zahlen zusammen, um emotionale Geschichten mit detailreichen Fakten zu erzählen.